08.03.2024

Interview mit Modedesignerin Viktoria Lorenz (Teil 2)

Viktoria Lorenz fotografiert von Johanna Sophia Spahn.

„Außergewöhnlich minimalistisch“ so beschreibt Viktoria Lorenz ihre Kreationen. Derzeit arbeitet die Wiesbadenerin zusammen mit dem Museum Reinhard Ernst an einem außergewöhnlichen Projekt. Im zweiten Teil unseres Interviews erfahren Sie, was die Modedesignerin eigens für das mre entworfen hat. (Sie haben Teil 1 des Interviews noch nicht gelesen? Dann hier entlang.) Bei einem Latte macchiato in einem gemütlichen Wiesbadener Café am Stadtmarkt berichtete Viktoria Lorenz mehr über die einzelnen Prozesse der Kollaboration:

Zeichnungen von Modeentwürfen der Designerin inspiriert durch die Sammlung Reinhard Ernst. Erkennen Sie um welche Werke es sich handelt?

Schon lange bevor ich wusste, für welchen Bereich des mre ich etwas designen würde, inspirierte mich die Sammlung Reinhard Ernst zu zahlreichen Modellentwürfen. Weitere Ideen sprossen, nachdem die Entscheidung getroffen wurde, dass ich das Shop-Personal einkleiden würde.

In meinen Designprozessen fokussiere ich mich immer auf ein zentrales Thema. Deshalb habe ich mir während meines Besuches des Museums, alle Details sorgfältig vor Augen gehalten. Ein Element ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben – das Viereck. Es ist in der gesamten Architektur anzutreffen. So auch im Atrium, welches mich mit seiner Offenheit und wohltuenden Atmosphäre besonders fasziniert. Ich entschloss mich also das Viereck in meinen Entwürfen für das mre aufzugreifen.

Im nächsten Schritt arbeiteten Sie zusammen mit dem Museums-Team auf das finale Design hin. Auf welches Modell fiel die Wahl?

Wir haben uns für ein Hemd entschieden, das das Shop-Personal tragen wird. Die Besonderheit des Kleidungsstücks ist, dass es für sich alleine stehen kann, aber gleichzeitig fließend in das Gesamtkonzept des Museums eingeht. So finden wir das mre-Logo in den Manschetten wieder. Das Viereck im Inneren des Signets wird ausgespart und versäumt, welches eine Dreidimensionalität erzeugt und die Offenheit des Innenhofs widerspiegelt.

Ein weiteres interessantes Detail ist das Kragenmodell, welches bewusst geschlechtsneutral gestaltet wurde. Es orientiert sich am klassischen Hemdkragen, jedoch wurde es hinsichtlich des Designs auf den Kragensteg reduziert und mündet in einen V-Ausschnitt. Diese Optik erzeugt ein minimalistisches und zugleich neutrales Erscheinungsbild.

Geschlechtsneutrale Kleidung war vor allem ein Punkt, der dem mre sehr wichtig war und parallel für mich ein spannendes, neues Thema, das ich angehen konnte. Bei der Formgebung des Hemds habe ich mich nicht für eine körpernahe, sondern für eine körperfernere Silhouette entschieden.

Die verdeckte Knopfleiste unterstützt die minimalistische Gestaltung sowohl des Museums als auch meiner Linie. Ich beschreibe meine Designs gerne als „außergewöhnlich minimalistisch“. Es sind eben die feinen kleinen Details, so wie auch im Museum Reinhard Ernst, die das qualitative Endprodukt bestimmen und einzigartig machen.

Raffiniert ist auch ein Detail des Hemdmodells, das im Kontrast zum Hauptthema des Vierecks steht.

Vorder- und Rückansicht des finalen Hemdmodells.

Tatsächlich weicht die Passe, also das Schnittteil für den oberen Rücken, von herkömmlichen Mustern ab. Für das Hemd habe ich an dieser Stelle gewölbte Diagonalen vorgesehen, angelehnt an der Statue „Pair“ von Tony Cragg, die eigens für das Museums angefertigt wurde.

Unglaublich, wieviel Museum in einer einzigen Bluse stecken kann! Welche Überlegungen haben Sie bei der Auswahl des Stoffes geleitet?

Für das Hemdenmodell haben wir einen Baumwollpopeline gewählt, da es als Berufskleidung genutzt wird und einer bestimmten Beanspruchung standhalten muss. Der Tragekomfort für das Shop-Personal spielt dabei eine wichtige Rolle, weshalb die Elastizität des Stoffes und eine einfache Pflegeeigenschaft entscheidend sind. Darüber hinaus erfüllt die Bluse einen nachhaltigen Aspekt durch die Oeko-Tex-Zertifizierung des Stoffes.

Sie haben wirklich an alles gedacht. Verraten Sie uns zum Schluss noch wie ihre nächsten Schritte aussehen?

Bei diesem Projekt handelt es sich um etwas Spezielles und kein Massenprodukt. Also haben ich bei meinem letzten Besuch im mre bereits gemeinsam mit Ines Gutierrez (Leiterin Museumsshop und Digital Marketing) Maß an dem zukünftigen Shop-Personal für die Einteilung in die allgemeinen Größen genommen. Als nächstes folgt dann die Produktion der Blusen.

Vielen Dank Frau Lorenz, dass Sie sich die Zeit für dieses umfangreiche Interview genommen haben.

Sehr gerne, ich freue mich schon darauf das Hemd nach der Eröffnung im laufenden Betrieb zu sehen!


Bis wir Ihnen das fertige Modell vorführen können, verraten Sie uns gerne auf Facebook oder LinkedIn Ihre Meinung zu diesem außergewöhnlichen Projekt. Wir sind gespannt auf Ihr Feedback!

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Alle Fotos und Videos bereitgestellt von Viktoria Lorenz